Freitag, 12. Dezember 2008
Straßenbahn-Zombies
kurtinho, 23:57h
Wer desöfteren besonders zu morgendlichen Stoßzeiten mit dem ÖPNV unterwegs ist, der kennt das: Lethargisch vor sich hinguckengende Menschendarsteller hieven sich Haltestelle für Haltestelle in das Gefährt. Allerdings scheint es so, dass besonders der Akt des in die Straßenbahneinsteigens einen ungeheuren Energieeinsatz verlangt. Wie sonst ist es zu erklären, dass diese Masse von minderjährigen Lehrerquälern nicht in der Lage ist, auch nur einen weiteren Schritt zu machen, sobald sie sich innerhalb der Straßenbahn befindet?
Aus irgendeinem Grund sendet der rudimentäre Resthirnbrei anscheinend keine motorischen Signale mehr an die Beine, sobald er registriert, dass sich die nach außen hin menschlich wirkende Hülle innerhalb eines Vehikels befindet.
Komischerweise sind andere Körperfunktionen im Gegensatz dazu höchst aktiv. Zum Beispiel diejenigen, die dafür sorgen, dass Bushido aus dem Handy den Näheren Umkreis mit seinen lyrischen Ergüssen beglückt...
Solange der geneigte Betrachter sich an diesen Luftverbrauchern vorbeiwinden und eine für die Fahrt geeignete Stehfläche außerhalb des Türbereiches erobern kann, braucht ihn das höchstens peripher zu tangieren (abhängig von dem jeweiligen Zeitdruck). Dann kann man nämlich mit interessierter Neugier beobachten, wie sich diese leblose Masse Mensch immer weiter verdichtet. An den Rändern trifft man von Zeit zu Zeit sogar auf einen Anflug von Menschenverstand, wenn sich einzelne Objekte zwei Schritte weiter in den Straßenbahninnenraum bewegen.
Allerdings blebien diese dann auch wieder sofort stehen, was mich an meine Eingangsthese mit dem ungeheuren Energieverbrauch erinnert.
Dieser scheint so groß zu sein, dass das Gehirn tatsächlich alle Resourcen auf das nötigste Bündeln muss. Da fällt dann Denkvermögen oder Reizübertragung an die Beinmuskulatur auch schonmal hinten raus...
Stellt sich die Frage: Was tun, wenn ich selbst einmal in so einem Pulk feststecke, weil er schon existierte, bevor ich eingestiegen bin?
Nun ja, sprechenden Menschen kann geholfen werden...
Eine Aufforderung, doch bitte einmal ein paar Schritte in den Gang zu machen bewirkt wahre Wunder. Diese basieren auf zwei möglichen Reaktionen.
1. Man wird angesehen wie der Messias höchstpersönlich. Nicht nur, dass es jemand wagt zu einer Zeit die Stimme zu erheben, zu der der Rest noch nicht mal in der Lage ist, einen klaren Gedanken zu fassen, nein, es wird auch noch ein sinnvoller Vorschlag gemacht.
2. Man wird erstmal mit einem emotionlosen, leeren Blick angeschaut (so ca. 5 Sekunden). In dieser Phase verarbeitet die Gehirnprothese die Riesenmenge an Informationen, die gerade auf sie eingeprasselt sind ("Könnt ihr mal ein bisschen weiter durchgehen?").
Dann folgt die Realisierungsphase, in der dem Subjekt klar wird, dass diese Aufforderung an ihn gewandt war. Mit einiger Verzögerung wird zudem erkannt, dass damit auch noch eine Bewegung verbunden ist.
Zum Glück geht der "Denkprozess" meist nicht großartig darüber hinaus. Es wird kurz ein Unmut-ausdrückender Laut bezüglich der anstehenden Bewegung von sich gegeben und dann setzt sich die wabernde Masse langsam aber unsicher in Bewegung, so dass zumindest auch der letzte sich noch hinter die Lichtschranke quetschen kann.
Und an der nächsten Haltestelle geht das Spiel dann von vorne los...
Es drängt sich die Frage auf, warum dies nun so ist.
Ich vermute, es ist die uns Menschen innewohnende, allgegenwärtige Angst, nicht rechtzeitig zur Türe zu gelangen und den Ausstieg zu verpassen. Jeder versucht, so nah wie möglich am sicheren Ausstieg zu bleiben, damit auch ja nichts schiefgeht.
Dumm nur, wenn dadurch eine undurchdringliche Masse gebildet wird, die genau das Gegenteil bewirkt. Zumal min. 75% der Leute an ein und derselben Haltestelle wieder aussteigen und die Angst damit beim Großteil somit unbegründet ist. Beim Rest wiederum wird sie dadurch sogar noch noch verstärkt, was die Situation nicht gerade entspannt.
Ein Teufelskreis...
Aus irgendeinem Grund sendet der rudimentäre Resthirnbrei anscheinend keine motorischen Signale mehr an die Beine, sobald er registriert, dass sich die nach außen hin menschlich wirkende Hülle innerhalb eines Vehikels befindet.
Komischerweise sind andere Körperfunktionen im Gegensatz dazu höchst aktiv. Zum Beispiel diejenigen, die dafür sorgen, dass Bushido aus dem Handy den Näheren Umkreis mit seinen lyrischen Ergüssen beglückt...
Solange der geneigte Betrachter sich an diesen Luftverbrauchern vorbeiwinden und eine für die Fahrt geeignete Stehfläche außerhalb des Türbereiches erobern kann, braucht ihn das höchstens peripher zu tangieren (abhängig von dem jeweiligen Zeitdruck). Dann kann man nämlich mit interessierter Neugier beobachten, wie sich diese leblose Masse Mensch immer weiter verdichtet. An den Rändern trifft man von Zeit zu Zeit sogar auf einen Anflug von Menschenverstand, wenn sich einzelne Objekte zwei Schritte weiter in den Straßenbahninnenraum bewegen.
Allerdings blebien diese dann auch wieder sofort stehen, was mich an meine Eingangsthese mit dem ungeheuren Energieverbrauch erinnert.
Dieser scheint so groß zu sein, dass das Gehirn tatsächlich alle Resourcen auf das nötigste Bündeln muss. Da fällt dann Denkvermögen oder Reizübertragung an die Beinmuskulatur auch schonmal hinten raus...
Stellt sich die Frage: Was tun, wenn ich selbst einmal in so einem Pulk feststecke, weil er schon existierte, bevor ich eingestiegen bin?
Nun ja, sprechenden Menschen kann geholfen werden...
Eine Aufforderung, doch bitte einmal ein paar Schritte in den Gang zu machen bewirkt wahre Wunder. Diese basieren auf zwei möglichen Reaktionen.
1. Man wird angesehen wie der Messias höchstpersönlich. Nicht nur, dass es jemand wagt zu einer Zeit die Stimme zu erheben, zu der der Rest noch nicht mal in der Lage ist, einen klaren Gedanken zu fassen, nein, es wird auch noch ein sinnvoller Vorschlag gemacht.
2. Man wird erstmal mit einem emotionlosen, leeren Blick angeschaut (so ca. 5 Sekunden). In dieser Phase verarbeitet die Gehirnprothese die Riesenmenge an Informationen, die gerade auf sie eingeprasselt sind ("Könnt ihr mal ein bisschen weiter durchgehen?").
Dann folgt die Realisierungsphase, in der dem Subjekt klar wird, dass diese Aufforderung an ihn gewandt war. Mit einiger Verzögerung wird zudem erkannt, dass damit auch noch eine Bewegung verbunden ist.
Zum Glück geht der "Denkprozess" meist nicht großartig darüber hinaus. Es wird kurz ein Unmut-ausdrückender Laut bezüglich der anstehenden Bewegung von sich gegeben und dann setzt sich die wabernde Masse langsam aber unsicher in Bewegung, so dass zumindest auch der letzte sich noch hinter die Lichtschranke quetschen kann.
Und an der nächsten Haltestelle geht das Spiel dann von vorne los...
Es drängt sich die Frage auf, warum dies nun so ist.
Ich vermute, es ist die uns Menschen innewohnende, allgegenwärtige Angst, nicht rechtzeitig zur Türe zu gelangen und den Ausstieg zu verpassen. Jeder versucht, so nah wie möglich am sicheren Ausstieg zu bleiben, damit auch ja nichts schiefgeht.
Dumm nur, wenn dadurch eine undurchdringliche Masse gebildet wird, die genau das Gegenteil bewirkt. Zumal min. 75% der Leute an ein und derselben Haltestelle wieder aussteigen und die Angst damit beim Großteil somit unbegründet ist. Beim Rest wiederum wird sie dadurch sogar noch noch verstärkt, was die Situation nicht gerade entspannt.
Ein Teufelskreis...
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