Dienstag, 1. März 2011
Der Freiherr ist tot, es lebe der Freiherr
Karl Theodor zu Guttenberg hat dem Druck der Öffentlichkeit Tribut gezollt und ist von seinem Amt als Verteidigungsminister zurückgetreten.
Viele sagen endlich, viele sind darüber aber auch enttäuscht.
Sehen wir uns den Verlauf der ganzen Geschichte doch noch einmal an.
Bei einer Nachkontrolle der Doktorarbeit des Verteidigungsministers fielen den Prüfern diverse Passagen auf, die nicht von zu Guttenberg stammten, aber nicht als Zitate gekennzeichnet waren. Erste Vorwürfe des Plagiatismus machten die Runde, zu Guttenberg wies diese als abstrus zurück.
Die Prüfer machten aber weiter und fanden immer mehr Passagen, mit denen es der Verteidigungsminister nicht so genau genommen hatte, woraufhin eine Internetseite ins Leben gerufen wurde, die sich ausschließlich mit diesem Thema auseinandersetzt. Auf dieser Seite wuchs die Liste der zu bemängelnden Passagen von Tag zu Tag an. Zu Guttenberg musste einsehen, dass diese Vorwürfe vielleicht doch nicht so abstrus waren und er die Angelegenheit zu anfangs vielleicht etwas unterschätzt hatte. Also gab er kleinere Fehler zu, spielte diese jedoch herunter. Von Rückgabe des Doktortitels war noch keine Rede, erst mal wollte man den kompletten Prüfungsbericht abwarten. Gleichzeitig wuchs die Liste auf der GuttenPlag genannten Seite immer weiter an und wurde schließlich so lang, dass man sie nicht mehr nur als kleine Lappalie abtun konnte. Der Freiherr sah sich gezwungen, seine Äußerungen der Realität anzupassen und gestand schwerwiegende Fehler ein, für die er sich entschuldigte und schließlich sogar seinen Doktortitel zurückgab.
Damit war es für die Opposition natürlich nicht getan, sie witterte ihre große Chance den Liebling des Volkes zu stürzen und forderte entsprechend lauthals den Rücktritt des Verteidigungsministers. Auch die Meinung im Land verschob sich. War zunächst noch ein Großteil der Deutschen für zu Guttenberg, so schwand der Anteil dieser Leute ob der täglichen Hiobsbotschaften immer mehr. Als sich schließlich auch noch reihenweise Wissenschaftler und sogar der Doktorvater von Karl Theodor zu Guttenberg von ihm distanzierten, sah dieser wohl keine andere Möglichkeit mehr, als zurückzutreten.

Soviel zum halbwegs nüchternen Ablauf der letzten 14 Tage.

Was soll man nun von der Person Karl Theodor zu Guttenberg halten?

Einerseits ist er natürlich DER charismatische Politiker, der es geschafft hat, dass die Menschen sich wieder mit Politikern identifizieren können. Sein Auftreten kommt gut an bei den Menschen.
Dies weckt natürlich Begehrlichkeiten bei der Konkurrenz. Angefangen über die Kunduz-Affäre bis zur Gorch Fock versuchten die SPD und Konsorten dem Freiherrn aus möglichst allem einen Strick zu drehen, was in greifbarer Nähe war, doch nichts hat funktioniert. Zu Guttenberg konnte letztendlich nie für etwas belangt werden, was den Frust natürlich noch weiter verstärkte.
Da kam die Doktorarbeit natürlich wie gerufen und sofort steht die Frage im Raum, wie es denn überhaupt zu der Überprüfung gekommen ist, sprich ob die Opposition nun mit aller Macht versucht, so lange im Dreck des Polit-Stars zu wühlen, bis man zwangsläufig etwas Schmutziges findet. Ich für meinen Teil möchte nicht so weit gehen und die Angelegenheit als Vorsatz bezeichnen, da mir das dann doch zu konstruiert wirkt. Ich meine gelesen zu haben, dass dies alles unter den Vorzeichen einer Routineuntersuchung ans Licht gekommen ist und man mag mich von mir aus für naiv halten, wenn ich dieser Aussage glauben schenke.
Jetzt steht also fest, dass laut dieser Untersuchung zu Guttenberg in großem Stil für seine Doktorarbeit abgeschrieben hat. Ich frage mich nur, ob es hätte so ablaufen müssen, wie es abgelaufen ist. Bis heute wurden auf 324 von 393 Seiten Passagen gefunden, die kopiert sein sollen. Das hört sich für mich nicht mehr nur nach einer groben Fahrlässigkeit an. Viel mehr riecht es stark nach absichtlicher Missachtung wissenschaftlicher Grundsätze. Ergo wusste zu Guttenberg, wie es um seine Doktorarbeit steht. Musste er dann die ersten Vorwürfe trotzdem als abstrus zurückweisen und erst nach und nach, als es unvermeidlich war mit der Wahrheit ans Licht kommen?
Aber auch die Rolle der Opposition möchte ich hier nicht außen vor lassen. Mit welcher Inbrunst auf den Verteidigungsminister eingedroschen wurde ist wirklich erstaunlich. Endlich hatte man einen Hebel, der wirkte. Mit welch einer Selbstherrlichkeit Herr zu Guttenberg da verteufelt und an den Pranger gestellt wurde entbehrt jeder Beschreibung. Aus meiner Sicht haben die Kollegen Gabriel, Trittin und wie sie alle heißen sich damit aber einen Bärendienst erwiesen. Um den Liebling des Volkes zu stürzen gerierten sie sich als genau das, warum zu Guttenberg als so angenehm anders angesehen wurde: Nur auf den eigenen Vorteil bedachte, selbstverliebte Populisten, die durch ihr Gezeter nur von den eigenen Unzulänglichkeiten ablenken wollen. Dumm nur, wenn man nicht bemerkt, dass die Menschen eben doch nicht so dumm sind, wie man sie gerne verkaufen würde. Ich glaube nicht zu Unrecht ist der Eindruck entstanden, dass die lautesten Kläger selbst den meisten Dreck am Stecken haben, was das zu einem nicht unerheblichen Maße von Karl Theodor zu Guttenberg aufgebaute Vertrauen in die Politik schnell wieder gegen Gefrierpunkt sinken ließ.

Trotz alledem hat aber zu Guttenberg meiner Ansicht nach nicht richtig gehandelt. Wer sich als einer vom Volk präsentiert, muss sich auch daran messen lassen. Ein einfaches "Sorry, hier habt Ihr den Doktor wieder" kann nicht ernsthaft alles gewesen sein. Jeder andere, der sich einen Doktortitel erschleicht muss mit ernsthaften Konsequenzen rechnen und kann nicht einfach so weitermachen, wie bisher. Warum also dann zu Guttenberg, der Mann des Volkes?
Hinzu kommt seine Vorbildfunktion als Politiker. Er ist ein Repräsentant des Volkes und trägt als Verteidigungsminister eine große Verantwortung. Gerade bei solchen Leuten ist Integrität unabdingbar. Aber was bitte ist es für ein Zeichen von Integrität, wenn man (bewusst oder unbewusst sei jetzt einmal dahingestellt) eine Unmenge von Passagen in einer mit summa cum laude ausgezeichneten Doktorarbeit kopiert und dies nur dann nach und nach zugibt, wenn die Beweislast eh schon eindeutig ist? Und dann auch noch mit zweierlei Maß misst, was die Konsequenzen dieses Handelns betrifft, wobei dies nun ja ein wenig zu relativieren ist, da er die Konsequenzen in Form des Rücktritts gezogen hat.

Ich persönlich halte zu Guttenberg für eine angenehme Erscheinung im deutschen Politikbetrieb, auch wenn die ganze Plagiatsaffäre meinem Bild schon schwer zugesetzt hat. Ich kann nur hoffen, dass Herr zu Guttenberg neben den offensichtlichen beruflichen Konsequenzen auch persönliche getroffen hat. In diesem Fall habe ich auch nichts dagegen, wenn er in ein paar Jahren mit neuen Aufgaben wieder in der Öffentlichkeit anzutreffen ist. Wie jeder Mensch hat auch er eine zweite Chance verdient, wenn er beweisen kann, dass es ernst meint mit den Konsequenzen. Schließlich findet man selten einen Politiker, der es durch seine Persönlichkeit schafft, dass die Menschen sich wieder ein Stück weit mehr für die Politik interessieren.

In diesem Sinne: Alles wird Gutt!

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Nicht gutt genug?
Da die Möglichkeit besteht, will ich mal "meinen Senf dazu geben": Einer "Lichtgestalt" wie Gutt tut es nur gut, das Einerseits und Anderseits abzuwägen, denn: Wo viel Licht ist, ist bekanntermassen auch viel Schatten. Das tun allerdings die wenigsten, lassen sich lieber blenden, und sehen nur Licht oder nur Schatten. Ein genaueres Urteil werden wir uns wohl erlauben dürfen, als die, die sowohl im Licht als auch im Schatten leben. Immerhin hat er ja den bayrischen Bierdunst über Berlin eine Zeitlang vertrieben. Ausserdem ist der "Dr." ja wohl kein Qualifikationsmerkmal für Verteidigungsminister. Aber lächerlich hat er sich natürlich gemacht. Ich hätte ihm gewünscht, er hätte es etwas länger aushalten müssen. Im Lichte der Öffentlichkeit. Das wäre vielleicht vertrauensbildender gewesen als alles andere.

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