Montag, 30. Juli 2012
Das Biotop Fitnessstudio
Dank einer Welt, in der das Laufen von A nach B als Rückschritt erachtet wird (pun intended), muss der moderne Mensch anderweitig nach körperlicher Ertüchtigung Ausschau halten. Nicht selten landet er dabei in Etablissements, die sich Fitnessstudio (danke für dieses orthografische Kleinod, liebe Rechtschreibreform) oder umgangssprachlich auch Muckibude schimpfen.
Hat man die Hürde der Anmeldung überwunden, so stellt sich im Laufe der nächsten Besuche heraus, zu welchem Besuchertyp man gehört. Diese stellen sich wie folgt dar:

Der Normalo
Der Normalo ist langweilig. Er kommt regelmäßig, ist freundlich zu allen und zieht seinen Trainingsplan durch. Sein Handy benutzt er beim Training als MP3-Player.

Der Gewissensgetriebene
Der Gewissensgetriebene kommt nur sehr unregelmäßig. Jedes Mal, wenn er kommt kriegt er von der aufgebrezelten Tussi am Eingang den Anmeldebogen hingehalten, weil seine Intervalle größer sind, als die durchschnittliche Laufbahn der Anmeldedamen in dem Laden. Er kommt, weil er vor einem Monat ausversehen seitlich zum Spiegel stand und entsetzt den Tumor entdeckt hat, der sich da unbemerkt zwischen Brust und Hüfte entwickelt hat. Auch er benutzt sein Handy ausschließlich zum Hören von ABBA, Queen und Boney M. Nach drei Wochen ist er auch schon wieder weg. Der Gewissensgetriebene, nicht der Tumor…

Der Alteingesessene
Der Alteingesessene kommt rein und begrüßt jeden mit Handschlag, einfach weil er wirklich jeden kennt (auch den Gewissensgetriebenen und das will was heißen). Er hat mindestens 50 Lenze auf dem Buckel und geht schon seit 30 Jahren in den Laden (auch wenn der erst vor 15 Jahren aufgemacht hat). Für sein Alter hat er eine ordentliche Figur und hält noch immer mit den Jungspunden mit, die sich um ihn scharen, während er von damals erzählt. Der Alteingesessene braucht keine Musik zum trainieren, aber sein Handy hat er trotzdem dabei, falls die Frau oder die Kinder anrufen.

Das Tier
Das Tier lebt quasi im Fitnessstudio. Wenn es reinkommt, wird die gesamte Belegschaft erst einmal mit einem zärtlichen „FICKÖÖÖÖN!“ begrüßt. Anschließend wird sich beim Warmmachen quer durch den ganzen Laden zugebrüllt, wie geil das letzte Wochenende doch war und wieviele Kilos man beim letzten Mal doch tatsächlich gedrückt hat. Während des Trainings stößt das Tier meist Urschreie aus, die selbst gestandene Neandertaler in die Flucht getrieben hätten. Rein optisch ist das Tier ca. 2,50 hoch und 1,80 breit, trägt ein tief ausgeschnittenes Muskelshirt und arbeitet entweder als Mechaniker, im Lager oder aufm Bau. Sein Handy hat er immer dabei, kann ja sein das jemand genau jetzt durchs Telefon angebrüllt werden möchte. Das ist aber nichts im Vergleich zu

Der Poser
Der Poser ist ein Phänomen. Er ist eigentlich immer da, er sieht auch halbwegs trainiert aus, aber man sieht ihn nie dabei! Er ist überall, quatscht mit jedem und hat ständig sein Handy in der Hand, weil er schreibt, liest, surft oder telefoniert. Sein Standardsatz ist „Jaa nä, kann grad nisch, bin im Fitnßschdudjo. Rufmisch später nochma an, kay?“ Oft sieht man ihn auch mit dem Tier und dem Alteingesessenen zusammenstehen und diskutieren, wieviel das Tier beim nächsten Mal auf die Stange packen soll.

Die Jungspunde
Die Jungspunde haben sich erst vor kurzem unter der Angabe von Muttis Sparkassenkonto in dem Studio angemeldet, weil sie festgestellt haben, dass Muskeln, im Gegensatz zu den Haaren in bestimmten Körperregionen, nicht einfach von so kommen. Sie sind vor allem am Anfang sehr fleißig und präsentieren stolz die ersten Erfolge vor dem Spiegel. Mit der Zeit legt sich dieser Eifer, dafür nimmt man sich jetzt eher Zeit für die Tipps vom Alteingessenen. Ihre Handys benötigen sie, um Fotos von sich und ihrem Fortschritt zu machen, möglichst mit nacktem Oberkörper vor einem Spiegel. Irgendwie gelangen diese Fotos dann auf Witzeseiten im Internet und werden schließlich auf Facebook verbreitet.

„Frauen“
Gerüchtehalber habe ich davon gehört, dass auch vereinzelt Frauen in Fitnessstudios gesichtet worden sein sollen. Ich persönlich glaube aber eher, dass es sich dabei um eine Ungenauigkeit in der Beschreibung handelt. Ja es gibt Frauen in Fitnessstudios, aber wenn, dann nur in zusammengepferchter Form in abgeschlossenen Räumen. Dort werden sie dann mit immer neuen Beschäftigungstherapien von den überflüssigen Pfunden befreit. War es früher noch Aerobic, heißt es heute Spinning, Pilates oder Zumba. Naja, Twix hieß ja früher auch mal Raider… Die Frauen brauchen keine Handys beim Sport, schließlich gehen sie ja mit ihrer besten Freundin dahin und quatschen sich Kottelets für ne ganze Fußballmannschaft plus Trainer und Betreuerstab an die Backen.

Es muss erwähnt werden, dass es durchaus auch Mischformen der einzelnen Kategorien gibt und einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebe ich auch nicht. Aber im Großen und Ganzen wird die Klientel eines Fitnessstudios damit schon treffend beschrieben.

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